KI und Musikrechte: UMG & Udio schließen historischen Lizenzdeal
Vom Rechtsstreit zur Revolution: UMG und Udio schließen Lizenzdeal für KI-Musik
Was als harter Rechtsstreit begann, könnte die Zukunft der Musikproduktion verändern: Universal Music Group (UMG) und die KI-Anbieter Udio haben sich Ende Oktober 2025 auf eine außergerichtliche Einigung und Lizenzpartnerschaft geeinigt. Damit zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der Nutzung von Musik für künstliche Intelligenz ab – weg vom Wildwuchs hin zu vergüteten und transparenten Systemen. Für 2026 ist daher eine Plattform geplant, die auf lizenzierten Katalogen basiert, Künstler:innen- Rechte wahrt und neue Erlösmodelle ermöglicht. Mehrere Branchenberichte – unter anderem von Reuters und Music Business Worldwide – sprechen von einem echten Wendepunkt für die Musikindustrie.
Hintergrund: Von der Klage zur Kooperation
Im Juni 2024 reichten große Labels, darunter UMG, in den USA Klagen gegen die KI-Musikplattformen Suno und Udio ein. Der Vorwurf: Beide Unternehmen sollen urheberrechtlich geschützte Tonaufnahmen ohne Genehmigung zum Training ihrer KI-Systeme verwendet haben.
In den Klagen heißt es, Suno und Udio hätten nicht nur kommerzielle Musik großer Labels verwendet, sondern auch Texte aus Datenbanken wie Genius, AZLyrics, Lyrics.com oder Musixmatch extrahiert – und das ohne Einwilligung. Die Suno und Udio hätten interne Bibliotheken mit kopierten Audio- und Textdaten aufgebaut, auf die Mitarbeitende und Auftragnehmer:innen Zugriff gehabt hätten – Berichte und Unterlagen, auf die sich u. a. Level und die RIAA beziehen, zeichneten die Eskalation detailliert nach.
Und die Vorwürfe gehen noch weiter: So sollen die Plattformen hunderte oder gar tausende Songs durch Umgehung von Schutzmaßnahmen von YouTube heruntergeladen haben. Die Klagen sprechen von „stream-ripping“, einer gängigen Methode der Musik-Piraterie. Am 30. Oktober 2025 dann die Zäsur: UMG und Udio einigten sich auf einen Vergleich und kündigten eine Partnerschaft an. Parallel teilte UMG eine strategische Allianz mit Stability AI für professionelle Creation-Tools mit. Laut PR Newswire ist der Start der neuen Udio-Plattform für 2026 vorgesehen.
Markt- und Wettbewerbsschädigung
Besonders im Fokus: Independent Artists, die laut Klageargumentation durch KI-Produkte verdrängt werden. Auch wenn die erzeugten Tracks nicht exakt kopieren, seien sie so günstig und massenhaft einsetzbar, dass Lizenz- und Einnahmemöglichkeiten der ursprünglichen Künstler:innen geschädigt würden.
Die zentrale Frage: Darf KI mit geschützter Musik trainieren – und wenn ja, zu welchen Bedingungen?
Während sich in den USA der Streit um den sogenannten Fair Use zuspitzt, geht es den Artists um Transparenz, Lizenzmodelle und die faire Vergütung von Künstler:innen.
Die Eckpunkte des Deals
Kern des Abkommens ist lizenziertes Training: Udio-Modelle sollen künftig auf genehmigten Datenkorpora mit klaren Rechten basieren. Außerdem sollen technische Schutzmechanismen – insbesondere Fingerprinting und Filter –, die unzulässige Nachbildungen verhindern und Attribution erleichtern sollen, eingebaut werden. Nach Angaben von Music Business Worldwide sind Lizenz- und Beteiligungsmodelle vorgesehen, die zusätzliche Erlöse für Artists und Songwriter:innen schaffen. Produktseitig plant Udio ein Abo-basiertes, lizenziertes KI-Erlebnis für Musik-Creation, Streaming und Teilen, dessen Einführung für 2026 anvisiert ist. Zugleich laufen die Klagen gegen Suno weiter, während andere Player eigene, teils lizenzierte Initiativen verfolgen; unter anderem nennt Pitchfork Projekte wie Klay sowie Konstellationen rund um WMG und Udio.
Kurzgefasst:
- Lizenziertes Training: Künftige KI-Modelle von Udio basieren auf einem genehmigten Datenkorpus mit klar definierten Rechten.
- Schutzmechanismen: Filter- und Fingerprinting-Technologien verhindern unerlaubte Nachbildungen und ermöglichen Attribution.
- Faire Vergütung: UMG-Künstler:innen und Songwriter:innen werden beteiligt, wenn ihr Material in den lizenzierten Pools verwendet wird.
- Produktentwicklung: Udio plant ein Abo-Modell mit lizenzierten Inhalten – ein Novum in der KI-Musikwelt.
Ein Strategiewechsel in der KI-Musikbranche
Der Schritt von UMG ist mehr als nur ein juristischer Vergleich – er markiert einen Strategiewechsel:
Statt KI-Entwicklung grundsätzlich zu bekämpfen, setzen die Majors auf kontrollierte Kooperationen. Das Ziel:
- Rechtssicherheit durch klare Lizenzmodelle,
- neue Einnahmequellen durch KI-Nutzungen für Artists und Labels,
- und Mitgestaltung technischer Standards rund um Transparenz, Datennutzung und Schutzmechanismen.
Die geplante Umgebung verbindet das Erstellen, Anpassen, Streamen und Teilen von Musik in einem rechtssicheren Rahmen. Nutzer:innen können Remixes, Mashups und neue Tracks generieren, bewegen sich dabei jedoch innerhalb klarer Leitplanken, die Rechte und Marken schützen. Künstler:innen behalten Kontrolle über Opt-ins und Nutzungsgrenzen und werden vergütet, wenn lizenziertes Material zum Einsatz kommt. Betont in diesem Zusammenhang, wird immer wieder die Rolle von Transparenz und Sicherheit – von automatischen Prüfungen auf Rechteverstöße über ein „Walled Garden“-Prinzip bis zum Launch bis hin zu Einstellungen, die Künstler:innen je Repertoire und Use-Case festlegen können.
Chancen & Potenziale
Aus künstlerischer Perspektive entstehen neue, lizenzierte Räume: schnelles Prototyping, Text-to-Music, Stem-Varianten und kollaborative Remixes lassen sich in einem abgesicherten Setting denken. UMG verweist auf zusätzliche Sichtbarkeit und Erlösströme durch kuratierte Flächen und ein mögliches Creator-Ökosystem. Für die Branche insgesamt sieht man in der Annäherung einen potenziellen Blueprint, wie „sichere“ generative KI in der Musik funktionieren kann – weg von Konfrontation, hin zu Kooperation.
Was bedeutet der KI-Deal für Artists?
1. Neue Vergütungsmodelle
Wenn Songs im genehmigten Datenpool landen, können Beteiligte direkt profitieren – abhängig von ihrer Rechtekette (Master, Verlag, Splits). Fingerprinting soll außerdem helfen, Nutzungen transparent zu tracken.
2. Kreative Workflows mit KI
KI bleibt ein Werkzeug, kein Ersatz. Text-to-Music-Generatoren, Stem-Varianten oder automatisierte Mix-Helfer bieten Artists neue kreative Räume, jetzt aber in rechtskonformen, abgesicherten Umgebungen.
3. Neue Chancen im Markt
Abomodelle, kuratierte Plattformen und Creator-Programme eröffnen neue Sichtbarkeit und Monetarisierungsmöglichkeiten – besonders für Artists mit klar dokumentierten Rechten und sauberen Metadaten.
Risiken & offene Fragen
Gleichzeitig bleiben Fragen offen. Wie fein sind Work- und Recording-Zuweisungen in der Abrechnung? Wie transparent und auditierbar sind die Reports? Analysen, etwa von manatt.com, verweisen auf diesen Klärungsbedarf. Auch die Rolle unabhängiger Artists ist ein Thema: Ohne starke Verhandlungsmacht brauchen Indies faire, klare Zugänge. Schließlich bleibt die rechtliche Dynamik bestehen.
Auswirkungen für Künstler:innen
Wer wird künftig vom KI-Training profitieren? Werden Künstler:innen fair vergütet, wenn ihre Musik Teil von Trainingsdatensätzen wird? Und schützt das Rechtssystem wirklich die kreative Leistung? Für viele Independent Artists steht viel auf dem Spiel – insbesondere Sichtbarkeit und Einnahmemöglichkeiten.
Auswirkungen für KI-Musikplattformen
Die bestehende angeklagte KI-Firma Suno argumentiert, ihr Vorgehen falle unter „fair use“ – also ein legaler Ausnahmefall im US-Urheberrecht. Doch die Branche bescheinigt den Plattformen ein bewusstes Umgehen von Lizenzpflichten. Ein Gerichtsbeschluss oder Vergleich könnte einen Präzedenzfall schaffen für den Umgang mit KI-Trainingsdaten in der Musik.
Praxis: So bereitest du dich vor (Artists, Labels, Marketer)
Wer die Chancen nutzen will, sollte jetzt die eigene Rechtekette in Ordnung bringen: Master und Publishing klären, ISRC/ISWC und Splits sauber dokumentieren. Ebenso wichtig ist die Pflege der Assets – Stems, Instrumentals und vollständige Metadaten zu Tempo, Tonart und Moods erhöhen die Wahrscheinlichkeit, in lizenzierte Pools aufgenommen zu werden. Verträge verdienen ein Update mit Blick auf KI-Klauseln, Lizenzpfade und Revenue-Shares. Für erste Experimente empfiehlt es sich, kontrollierte, lizenzierte Tools und Partner zu wählen, die Reporting und Filtermechanismen bereitstellen; entsprechende Hinweise finden sich auch in UMG-Mitteilungen. Parallel sollte Monitoring aktiv gehalten werden, etwa über Fingerprinting/Content-ID und aktuelle Werkeregistrierungen.
Fazit: Vom Konflikt zur Kooperation
Der Fall UMG × Udio könnte wegweisend für die Zukunft der Musikproduktion sein. Es geht längst nicht mehr nur um technische Innovation – es geht um Rechte, Sichtbarkeit und Fairness.
Für Künstler:innen heißt das: Augen auf beim Thema KI-Musik. Wer sich beschäftigen will, sollte genau prüfen, ob und wie seine Werke in Trainingsdatasets landen – und welche Vergütungsmechanismen bestehen. Für die Branche heißt das: Lizenzmodelle, Transparenz und ein Neuverhandeln der Regeln stehen an – und könnten entscheiden, wie Musik im KI-Zeitalter entsteht und genutzt wird. Aus einem Rechtsstreit könnte eine neue Form der Zusammenarbeit entstehen – lizenzbasiert, vergütet und technologisch kontrolliert.
Für Artists bedeutet das: mehr Transparenz, mehr Schutz – und neue Chancen, im Zeitalter der künstlichen Intelligenz nicht übergangen, sondern einbezogen zu werden.
Das Ziel ist klar – lizenzierte, vergütete und abgesicherte KI-Modelle statt rechtlicher Grauzonen.
Cottonbro
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