KAYEF: „Ich glaube, ich bin jetzt langsam aber sicher angekommen.“
Interview mit KAYEF, recordJet Passenger of the Month im Mai 2020
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KAYEF ist unser Passenger of the Month im Mai. Kürzlich erschien sein Album Struggle Is Real, besonders der Track „Ich würd‘ lügen“ startet momentan ordentlich durch und schaffte es bis auf Platz 13 in den offiziellen deutschen Single-Charts. Außerdem knackte er 1 Million monatliche Hörer:innen auf Spotify und wer sich das Cover der Top Hits Deutschland anguckt, wird in sein verschmitztes Grinsen blicken. Wir haben ihn ausgefragt: Über den Erfolg, wie die aktuelle Krisensituation ihn in seiner Musik beeinflusst und warum er sich selbst manchmal anlügt, wenn er auf die Waage steigt. Viel Spaß mit KAYEF.
Hey Kai! Sag mal: Wer bist du?
Mein Künstlername KAYEF kommt aus meinen Initialen. Leider relativ unspektakulär. Ich wünschte auch, ich hätte mir was ganz, ganz wildes einfallen lassen. K und F als englische Buchstaben ausgeschrieben.
Dein Album heißt „Struggle Is Real“ – Hast du schon mal mit dir und deiner Musik gestruggled?
Auf jeden Fall. Mein Albumtitel kommt komplett aus dem, was in den letzten anderthalb Jahren so in meinem Leben los war. Ich musste die eine oder andere Entscheidung treffen und hab mich dann Management-seitig wieder komplett auf eigenen Beine gestellt. Auf einmal war das, was man da so zu tun hat, doch ein bisschen mehr, als ich dachte. Sich zu überlegen: In welche Richtung geht das vom Sound her? Ich hatte in den letzten Jahren viele verschiedene Sachen ausprobiert – Das war der Struggle. Und der war wirklich real.
Auch der Albumtitel! Ich hab eine Handynotiz mit 34 oder 43 Albumtiteln drin – die ich alle verworfen hab. Ich hab dann irgendwann gesagt: Okay, Struggle is real. Das passt einfach perfekt. Und dann ist es das geworden. Irgendwann hab ich mir selber ne Deadline gesetzt – ich wollte das Album eigentlich schon im Oktober machen, deswegen musste ich irgendwann irgendeinen Titel nehmen, weil ich wusste: Sonst kommt es wahrscheinlich nie raus. Dann habe ich den genommen und gemerkt, der passt eigentlich besser als alles andere.
Du hast dich musikalisch ausprobiert, wie du selbst schon sagst. Hast du jetzt das Gefühl, du bist da angekommen, wo du dich am wohlsten fühlst? Oder wird sich das in Zukunft noch mal stark verändern?
Ich glaube, ich bin jetzt so langsam aber sicher angekommen bei meinem Sound. Ich finde dieses Urban-Pop-Mäßige, gerade was das Instrumental angeht, mit viel Rap und Hip-Hop- Einfluss drin, das muss schon sein. Ich werde jetzt nicht zu krass Richtung Mark Forster driften, sondern eher bei meinem Rap-Influence bleiben. Ich werde auch textmäßig immer sehr viel Rap drin lassen. Da habe ich mich bei dem Album glaube ich ganz gut eingependelt. Es kann sich noch mal ein bisschen entwickeln. Denn ich entdecke jetzt auch schon wieder neue Sachen. Und wir probieren schon wieder ganz andere Sachen aus. Aber das ist, wie ich mich wohl fühle – so wie dieses Album klingt.
Ein Song des Albums geht gerade ganz schön durch die Decke – aber da kommen wir gleich noch drauf zurück. Hast du abgesehen vom Erfolg ein Baby auf dem Album, das dir besonders am Herzen liegt?
Ja. Auf dem Album liegt mir besonders der Song für meine Oma am Herzen. Das ist seit langem mal wieder ein Song, bei dem ich, als ich ihn geschrieben hab, eine Träne verdrückt habe. War ein ganz komisches Gefühl, hier alleine in diesem Zimmer zu sitzen und über ein paar Sachen nachzudenken. Das war eine Zeit, in der es meiner Oma mega schlecht ging und ich ein bisschen Schiss hatte, sie zu verlieren, ehrlich gesagt. Und dann wird einem ja immer irgendwas klar und daraus ist dieser Song entstanden. Deswegen ist mir der Song besonders wichtig. Als sie den Song gehört hat, fand sie ihn zu meinem Glück ziemlich cool. Deswegen ist es für mich der persönlichste Song auf diesem Album. Oder auch der am emotionalsten behaftetste.
Für das Album hast du viel Zeit im Studio verbracht – Was darf bei dir im Studio nicht fehlen?
Ich hab ganz viel von dem Album bei mir zu Hause geschrieben, aber auch viel bei meinem Produzenten Topic im Studio. Was nicht fehlen darf ist auf jeden Fall Volvic – no Placement, aber das ist für mich einfach das beste Wasser um viel Wasser zu trinken. Und sonst – ich finde gutes Licht ist mega wichtig. Der Raum muss einen Vibe haben und das geht gut durch Licht. Im Studio haben wir LEDs, da kannst du dir das Licht je nach Song einstellen. Und Tageslicht finde ich auch mega wichtig. Ich kann mich ganz schlecht einkellern, so dass man dann gar nichts von der Außenwelt mitkriegt.
Dann lass uns mal zu dem Thema kommen, das auf der Hand liegt: Platz 13 in den Charts mit deinem Song „Ich würd‘ lügen“, auf dem Cover der Top Hits Deutschland bei Spotify – Zusammengefasst: Das ist ein Riesenerfolg und es geht ganz schön ab bei dir gerade. Was passiert da gefühlsmäßig bei dir?
Es ist so mega weird! (Strahlt) Als ich gehört habe, dass ich das erste Spotify-Cover kriege, war ich schon so: Krass. Na gut, ich schicke denen jetzt mal ein Bild rüber. Das ist schon crazy. Aber als dann dieses Top Hits Cover kam, auf Spotify zu gehen und sich dort zu sehen – das ist völlig krank. Auch 1 Million monatliche Hörer zu knacken auf Spotify – das ist so eine riesengroße Zahl, die man so selber noch nie unter seinem eigenen Namen gelesen hat. Ich hab immer noch das Gefühl, dass das total unreal ist. Es klingt im ersten Moment ein bisschen abgedroschen – „man kann das nicht glauben“ – aber man kann das wirklich nicht glauben. Es fühlt sich nicht echt an. Man rechnet jeden Moment mit einem Fehler. Es ist mega verrückt. Auch die ganzen Nachrichten zu lesen von Leuten, die etwas mit dem Song verbinden. Das ist überwältigend.
Hast du dir irgendetwas von dem, was gerade passiert, dir als Ziel vorgenommen?
Die Richtung war immer klar, ich hatte immer Bock, dass da ein Song einmal so richtig raussticht. Ich hab ja echt viel gemacht in den letzten Jahren, was ganz gut funktioniert hat, aber das Feedback von Leuten aus der Branche und aus meinem Umfeld war immer: „Du brauchst einen Hit. Es muss jetzt einfach mal richtig knallen.“
Bis vor kurzem war „Musik“ der erfolgreichste Song, den ich je gemacht habe, aber der hat sich da hin entwickelt. Aber dass es direkt knallt, nachdem du was rausgehauen hast, das war noch ein kleiner Traum, den ich hatte. Das bedeutet ja auch Aufmerksamkeit außerhalb meines gewohnten Umfeldes. Ich hab eine sehr stabile Fanbase, die alles supportet, das ist nice. Aber zu sehen, dass auch neue Leute dazukommen und neue Leute die Musik für sich entdecken – das ist noch mal ein krasser Step nach vorne. Den habe ich mir ehrlich gesagt natürlich schon gewünscht. Aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass dieser Song das jetzt sein kann. Aber das denkt man ja nie.
Ist es Zufall, mit welchem Song sowas klappt, oder gehst du an die verschiedenen Songs und ihr Potenzial auch unterschiedlich ran?
Songs z.B. auf Radio auszulegen, das haben wir 2016/2017 ein bisschen ausprobiert, aber davon bin ich eigentlich schon wieder weg. Bei dem Album hab ich wieder viel mehr das gemacht, worauf ich eigentlich Bock hatte. Mein Style ist dann schon poppig angehaucht, aber echt noch relativ urban dafür, dass der Song doch so sehr funktioniert.
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Wann hast du das letzte Mal gelogen?
Als ich auf die Waage gestiegen bin letztens. Da hab ich mich glaube ich selber kurz belogen. Als ich einfach nicht akzeptiert habe, dass da ein bisschen Corona-Speck angefallen ist. (lacht) Sonst versuche ich Lügen natürlich irgendwie in Grenzen zu halten. Klar hat jeder diese kleinen Notlügen, aber ich wüsste jetzt gerade nicht, was meine letzte Lüge war.
Apropos Corona: Fällt’s dir schwer, in so einer Phase wie jetzt gerade kreativ zu sein, weil so wenig passiert?
Zum Glück beim Musik machen eigentlich gar nicht. Musik machen ist bei mir ein „für-sich-sein-Ding“, da haben sich die Umstände für mich zum Glück nicht wirklich verändert. Es ist eher die Freizeit. Was macht man denn sonst noch so? Aber mein Gott, man hat sich jetzt auch schon ein bisschen damit abgefunden. Ich hab für mich das kochen entdeckt! Ich bin riesiger Koch-Fan jetzt. Ich würde sagen, dass ich ein einfach ein paar Sachen entdeckt hab für mich, die man bei sich zu Hause machen kann.
Du machst schon lange öffentlich Musik – ist es eine besondere Herausforderung, mit seiner Musik erwachsen zu werden, während andere Leute einem dabei zuschauen?
Geile Frage. Es ist auf jeden Fall weird, sich jetzt die Sachen von vor fünf Jahren anzugucken. Seit sechs, sieben Jahren mache ich richtig öffentlich Musik, was damals los war ist natürlich was anderes, als das, was ich heute in Songs erzähle. Aber ich glaube, das ist nachvollziehbar. Wenn man sich Musik von mir heute anhört und Musik von vor sechs Jahren, ist natürlich klar, dass das nicht unbedingt das selbe ist. Aber ich find’s nicht schlimm. Ein paar Sachen würde ich so nicht mehr sagen – aber ich glaube, das hat jeder normale Mensch auch, der erwachen wird, ohne in der Öffentlichkeit zu stehen. Für mich macht das keinen großen Unterschied.
Ich habe mich ja auch dazu entschieden, das öffentlich zu stellen und ich wusste, wenn ich’s nicht runternehme, wird mein Leben lang die ganze Welt das hören können. Wenn ich der Meinung gewesen wäre, dass ich das nicht will, dann hätte ich das nicht raushauen sollen. Deswegen bin ich jetzt relativ gelassen, was das angeht. Ich stehe zu der Zeit, die wir damals hatten.
Du sprichst gerade auf Social Media oft von „wir“ – Wir haben Erfolg. Wir haben etwas geschafft. Du meinst also dein Team mit „wir“? Wie wichtig ist dir die Auswahl, wen du mitnimmst auf deinem Weg?
Mega wichtig. Es ist wichtig, dass ich weiß: Auf die Leute kann ich mich verlassen. Oder vielleicht bin ich auch ein bisschen Kontrollfreak was das angeht. Ich will einfach alles verstehen. Ich hab mich auch immer in Dinge reingefuchst – Meine ersten Musikvideos sind ein Stativ und im Keller meiner Eltern. Ich hab mir dann beigebracht, wie ich das schneide, wie ich Effekte mache, wie ich mich aufnehme – das lief immer autodidaktisch ab.
Mir ist wichtig, das, was ich im Kopf habe, auch umzusetzen. Wenn ich das selber nicht schaffe, dann wähle ich sehr bewusst Leute aus, die das können. Deswegen habe ich mein Team auch immer relativ klein gehalten. Eine handvoll Leute, mit denen ich seit Jahren arbeite – da ist einfach Vertrauen da. Und die lassen auch zu, dass ich so ein Kontrollfreak bin. Die wissen, ich würde am liebsten selber das Video schneiden, wissen aber auch, dass ich auf ihre Fähigkeiten zähle. Alles auf freundschaftlicher Basis.
Klar, am Ende bin ich das, der da mit seinem Namen auf Spotify steht, aber ich hab immer ein „Wir-Gefühl“. Und ich käme mir auch komisch vor, wenn ich von „ich“ reden würde. Am Ende hab ich das alles nicht nur mir zu verdanken. Ich habe den Großteil den Leuten zu verdanken, die das alles hören! Und das meine ich ernst. Dass man aus einem Indie-Gedanken heraus nur mit einer Fanbase- all das schaffen kann. Das ist für mich mit das wichtigste: Dass man die Leute, die einen supporten, mit reinholt in seinen Erfolg.
Du gehörst schon zur „Generation Internet“. Würde deine Musik ohne Internet anders aussehen, oder wäre nur die Dynamik dahinter eine andere?
Auch sehr geile Frage! Vieles würde sehr anders aussehen. Mit dem Internet ist das alles sehr cool und einfach geworden. Das Internet ermöglicht einem seine Sachen mit der Welt zu teilen, wenn man darauf Bock hat. Dafür bin ich dankbar. Ob das Ganze dann erfolgreich wird, entscheiden mehr denn je die Leute die das hören. Es ist nicht mehr so, dass da ein riesiges Major-Budget hintersteckt, jedenfalls nicht bei den meisten Leuten, die jetzt gerade aufpoppen. Sondern das sind einfach gute Sachen. Das finde ich sehr, sehr cool. Und ich glaube, das würde ohne Internet und vor allem ohne diese Internet-affine Generation ganz anders aussehen.
Es ist natürlich schwer zu sagen, wie es sonst wäre, aber vermutlich würde man immer noch irgendwelche Demotapes einschicken und hoffen, dass es irgendjemand hört. Klar, gleichzeitig ist die Konkurrenz auch größer geworden. Aber trotzdem: Es ist definitiv einfacher geworden, erste Schritte zu gehen.
Wie auch mit recordJet zum Beispiel, einfach mal die ersten Sachen veröffentlichen. Das kostet einfach mal 10 Euro und dann hast du deinen Song bei Spotify! Früher musstest du eine Milliarde Klinken putzen, damit dir überhaupt mal irgendwer zuhört. Das ist ein riesiges Privileg: Wie einfach der Weg geworden ist.
Würdest du lieber ein Konzert vor 10 die-hard-Fans spielen oder vor 10.000, die dich nicht kennen?
Safe das kleinere. Das kleinste Konzert was ich einmal gespielt habe, war in einem kleinen Ort in Österreich. Da haben wir vor 25 Leuten gespielt. Aber es war eine so geile Stimmung! Ich hab mit dem Publikum angestoßen, hab die Hälfte des Sets einfach zwischen den Leuten gezockt – das war so geil, das hat so Bock gemacht!
10.000 Leute, die dich gar nicht kennen, die musst du erstmal kriegen! Ich glaube, das ist super schwer. Das ist für mich eine der größten Challenges: Leute abholen, die dich gar nicht kennen. Da hätte ich mehr Bammel vor. Wenn du die dann kriegst, ist das natürlich auch ne richtig krasse Sache. Aber darin kann man sich auch verlieren. Man hat dann nicht mehr den Kontakt zu der einzelnen Person, die eine Verbindung zum Song hat, sondern eben eine abgehende Masse.
Warum und wie bist du bei recordJet gelandet?
Das war 2012, glaube ich. Da hatte ich nen Song gemacht, der hieß „Nicht so schwer“. Ich wollte damals unbedingt so einen Song machen wie Cro. Auch so eine Sache wo ich heute sage: Du kannst doch nicht ins Studio gehen und einfach diesen Song nachmachen! Hab ich aber damals gemacht. Ist auch echt nicht geil der Song. Aber den wollte ich unbedingt auf Spotify und iTunes haben. Also hab ich ein bisschen rumgegoogelt und kam relativ schnell auf recordJet.
Das hab ich dann einfach gemacht, damals hat das 6 Euro irgendwas gekostet. Ich dachte: Krass – als ob das einfach so funktioniert! Das war so einfach wie bei Facebook ein Bild hochladen. Das war super easy. Seitdem bin ich riesiger Fan davon. Ich mag es, wenn man Sachen, die eigentlich kompliziert und aufwändig erscheinen, einfach umsetzen kann. Und dann auch noch zu nem fairen Preis – feier ich!
Ich habe dann ein halbes Jahr später direkt die nächste Nummer gemacht- die ging für meine damaligen Verhältnisse auch ganz gut ab. Ich hab dann auch mein/e Freund:innen dazu gebracht, bei euch die Sachen hochzuladen, weil das einfach der einfachste Weg war. Das fand ich cool.
Wir freuen uns auf jeden Fall, dass du dabei bist! Hast du noch letzte Worte, Dinge die du loswerden möchtest?
Ich grüße meine Mutter und meine Schwester! Und: Ich freu mich sehr, dass ich mal auf dieser wunderschönen recordJet-Startseite bin und dass die Kommunikation und das alles so easy funktioniert. Wie gesagt, ich bin ein riesiger Fan von recordJet. Ich hoffe, dass da noch der eine oder andere Hit dabei ist, den wir zusammen feiern können! Ich finde, dass euer Konzept einfach der Zeit entspricht und hoffe, dass es noch viele Menschen gibt, die das für sich entdecken. Und ich freu mich auch riesig, dass ihr mit mir schon 8 Jahre durchhustled.
Danke KAYEF!
Das Album Struggle Is Real hier anhören:
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