Passenger of the Month im November 2020: Kruder & Dorfmeister
recordJet Passenger of the Month im November 2020
Es gibt geologische Zeit und Weltraumzeit. Die Zeit der natürlichen Welten und die Quantenzeit. Die Menschen begannen, die Zeit mit Sternen und Jahreszeiten zu messen, dann kamen Sanduhren und Sonnenuhren. Die ersten mechanischen Uhren gab es erst Ende des 13. Jahrhunderts in Europa.
Dann kam die Industriezeit, eine Armbanduhr für alle und auf einmal war die Zeit relevant für alle und alles. Alles fließt in unsere kürzlich digitalisierte Zeit und ihre marschierenden Nanosekunden ein. Vergessen wir jedoch nicht einen anderen Weg, um die Zeit zu messen: Das wäre K&D-Zeit.
Ja, man kann sich beeilen, aber ist es nicht viel schöner zu schlendern? Diese Vorstellung von Zeit hat ihre Wurzeln in rauchigem Nebel, der sanft durch die Vorgeschichte von 1995 weht, und wenn das Zeit war – dann brauchen wir nun noch Raum.
Insbesondere ein Wiener Hinterzimmer, das seine Bassboards dem Kosmos zugewandt hat. Der süße Rauch, der den Schreibtisch und den Sampler verhüllt. Ein paar alte Keyboards unbemerkt auf der Couch … Diese Tage der K&D-Zeit sind vermutlich vorbei. Aber einer der Tricks besteht darin, sich in der Musik zu verstecken. Vor nicht allzu langer Zeit fielen unsere Helden durch das musikalische Wurmloch in diesen rauchbeladenen Raum von 1995.
Weder die Remix-Zeit noch die Zeit für große Tourpläne waren gekommen. Eine Zeit vor der Veröffentlichung der K&D-Sessions und allem, was damit einherging, vor den Soloprojekten des Peace Orchestra und von Tosca. Dies war eine Zeit vor all dem. Eine Zeit, um buchstäblich im Studio zu leben und Freude zu erleben, Melodie für Melodie zu erschaffen. Nur der Klang, der Rauch und keine Grenzen.
Es war bevor die Leute anfingen zu fragen, wann das Album herauskommen würde. Die Antwort der 90er darauf war bald, die Antwort der 00er war nicht sicher und dann: niemals! ab 2010.
Die Wahrheit? Im Frühjahr 1995 wurde ein Album fertiggestellt und in eine Schachtel gelegt. K&D pressten zehn Exemplare und gaben vier davon an ausgewählte Personen.
Dann öffneten sich die Türen des Raumes und in einer gewaltigen Rauchwolke strömte die Zeit herein, K&D stürmten heraus und die Jahre vergingen. Die Tage waren voller Remixes, Tourneen und voll von Leben.
Anfang 2020 enthüllte die zufällige Bewegung einer Kiste in der Ecke eines Raumes die Zeitkapsel-Kiste. Als K&D sie durchgingen, landeten sie im wunderbaren Dunst von 1995.
Die Musik wurde von den DATs übertragen und K&D bauten jedes Molekül, aus dem die ursprünglichen zehn Pressungen bestanden, sorgfältig wieder auf. Sie fanden alles wieder: Von den ersten Aufnahmen der auf Band festgehaltenen Mixes über die Vinylplatte bis hin zu dem verschlissenen weißen Umschlag. Sogar die Etiketten mit der Aufschrift „Unverkäufliche Musterplatte“ in eher unhöflichem Deutsch.
Die aktuelle Platte soll sich so anfühlen, klingen uns aussehen wie die ursprünglichen 10 Exemplare von 1995. Das einzige, was nicht im größeren Stil reproduziert werden konnte, sind die ursprünglichen Staubwolken, die diesen zehn Exemplaren anheften. Jetzt bleibt es dem Hörer/der Hörerin überlassen, das Ganze im Jahr 2020 ankommen zu lassen.
In gewisser Weise ist das Album eine musikalische Zeitreise. Andererseits: wenn die Musik klassisch und zeitlos wird, ist jede Zeit ihre Zeit.
Jetzt, wo die Bassboards wieder in Richtung Kosmos gerichtet sind, sind K&D glücklich und stolz darauf, das zu veröffentlichen, was sie für verlorene Momente hielten. Lass dich durch das Wurmloch fallen und mach es dir auf der Couch bequem. Zukunftsmusik aus der Vergangenheit. Es ergibt alles Sinn, wenn man es denn in K&D-Zeit misst.
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