Einmal zum Schmerzzentrum und wieder zurück

Unser Artist of the Month im Monat Mai ist keine Unbekannte. Nicola Rost ist Gründerin, Autorin und Produzentin der Berliner Band Laing. „Laing“ ist bekannt geworden durch Songs wie „Morgens immer müde“ oder „Zeig Deine Muskeln“. Vier starke Frauen mit großen Pop-Songs, die im Gedächtnis bleiben. Auch wegen ihres komplexen Bühnenkonzepts. Top-Ten-Singles, ausverkaufte Häuser, Eurovision-Teilnahme, Tiktok-Trends. Nach 4 Band-Alben nun also ein eigenes. Ein Solo-Album. All diese schützenden und verfremdenden Schichten legt Nicola jetzt ab. Was bleibt? Reduktion aufs Maximum. Was als Musikgenre wohl als „Tanzender Synthpop“ bezeichnet werden darf. Nicolas Stimme, streut sich dabei wie das Licht. Mal streut sie ihre Stimme in alle Ecken, mal punktgenau und brennend heiß auf einzelne Augenblicke, Lebensmomente, Leidenschaften.

Die 1984 in Mannheim geborene Künstlerin und Diplom-Politologin, ist in Berlin-Reinickendorf aufgewachsen. Die Musik-Autodidaktin, hat sich alles selbst beigebracht. Das Klavier hatte sie immer gelangweilt, darum kam der Computer ihr gerade recht. Die Möglichkeit, ganz frei und in ihrem Tempo eine Gesangsspur aufzunehmen, sich eine Begleitung zu überlegen, oder auch eine zweite Gesangsspur aufzunehmen, hat Nicola Nacht für Nacht an den Computer gefesselt. Morgens Uni, abends Musiknerd.

Ministerium für Einsamkeit

Mit ihrem ersten Song geht Nicola direkt ins Schmerzzentrum unserer gegenwärtigen Gesellschaften: Einsamkeit. Nicht erst seit Corona, aber durch die Pandemie brandbeschleunigt, ist dieses Thema der wunde Punkt der Ära Smartphone. Ihr Song „Ministerium für Einsamkeit“ zeigt in ihrer Stimme und in jeder ihrer Zeilen eine neue Emotionalität und Verletzlichkeit. Getragen von dem treibenden, tanzbaren Groove des Songs lässt Nicola keinen Zweifel: Es ist so schwierig, sich verbunden zu fühlen und manchmal ist dieser Umstand auch zum Verzweifeln.

„Und alle fragen, wofür?

Ministerium für Einsamkeit

Nicht alle lieben Samstag und Sonntag

Die halbe Stadt steht Schlange an der Hintertür

Bitte berühr mich- aber fass mich nicht an.“

Sad Disco at its best. Ihre musikalische Handschrift bleibt, wie auch schon bei ihren Songs für Laing, unverkennbar. Es wird anders sein, neu und doch vertraut, bewährt und doch voller Mut. Es ist ein Schritt auf ihr Publikum zu, eine ausgestreckte Hand von der Bühne.