Frag die Crew: Streamingbetrug – Echte Option oder absolutes No-Go?
Streamingzahlen künstlich zu beeinflussen kann dich deine Musik kosten! (Update Oktober 2022)
Das Streamen von Musik boomt seit Jahren und hat sich als echte Währung für Musiker:innen herausgestellt. Streams sind schließlich wichtiger als Downloads und physische Verkäufe geworden. Mittlerweile heißt es: “Und, wieviele Klicks hast du auf Spotify?” Auch trotz des demotivierenden Sidefacts, dass nur 0,003 Cent pro Stream für den/die Künstler:in dabei rumkommen, gibt es Künstler:innen, die versuchen diesen Verlauf zu umgehen.
Denn es ist einfach so, dass du als Künstler:in nur Klicks bekommst, in dem du Musik released und damit im Besten Fall in Playlisten reinkommst. Denn vor allem dadurch können auch deine Streamingzahlen schnell in die Höhe gehen. Das ist ein wichtiges Signal, das dich als Musiker:in motivieren kann und dir eventuell auch die nötige Aufmerksamkeit in der Branche sichert. Dass einige Musiker:innen auch über Abkürzungen zu diesem Ergebnis kommen wollen, ist hinlänglich als „Fraud“ bekannt und ist für Musikvertriebe und Spotify schon seit Jahren ein Problem. Der anhaltende Diskurs zeigt, dass auch die Verfolgung und Abstrafung von Streamingbetrug noch relevanter wird. Wir haben für euch zusammengefasst, worum es beim Streamingbetrug überhaupt geht, was Drittanbieter damit zu tun haben und warum ihr besser die Finger davon lassen solltet.
Streamingbetrug – was genau ist das eigentlich?
Als Künstler:in arbeitest du hart daran, Musik zu machen und sie mit der Welt zu teilen. Künstler:innen wollen gesehen, verstanden, gefühlt und natürlich gehört werden. Daher mögen Werbedienste von Drittanbietern, die eine bestimmte Anzahl von Streams anbieten oder sie gegen Geld auf die Playlisten setzen, zunächst verlockend erscheinen, aber Vorsicht: Dies sind genau die falschen Wege, um auf Spotify erfolgreich zu sein.
Beim Streamingbetrug ist die Rede von künstlich generierten Klicks, von leeren Streams und gekauften, nicht existierenden Hörer:innen. Das heißt konkret, dass mit Fake- oder gehackten Profilen bzw. mit Bots die betreffenden Tracks genauso gehört werden, dass die Streamingplattformen die Streams als vollwertig erkennen und abrechnen.
Eine unbestätigte Theorie: Es wird vermutet, dass bei manchen Streamingplattformen ein Play erst ab einer gewissen Sekundenzahl bezahlt wird. Um welche Sekundenzahl es sich dabei genau handelt, machen die Plattformen nicht besonders transparent.
Diese künstlich generierten Abrufe sind illegal und werden als Diebstahl gewertet. Durch diesen Betrug werden Tantiemen von anderen Künstler:innen (die organisch Streams erzeugen) gestohlen. Der Hintergrund? Die Gesamtheit der Abo-Gebühren einer Streamingplattform wird durch die Anzahl der plattformweiten Streams geteilt. Die erzeugte Summe wird dann mit den jeweiligen Streams des/r Künstler:in multipliziert und ausgezahlt. (Generell hat jede Plattform ihre eigenen Berechnungsverfahren, wie Spotify arbeitet, könnt ihr hier nachlesen.) Heißt für die Causa Stramingbetrug: Wer die Anzahl der eigenen Aufrufe künstlich nach oben treibt, stiehlt anderen Künstler:innen reales Geld.
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Spotify erklärt in ihrem Video noch einmal genau, was künstliche Streams sind. Was der Betrug daran ist, wovor man sich als Künstler:in schützen muss und wie Spotify diesen Betrug ahndet.
Ein bisschen mogeln fällt schon nicht auf – oder doch?
Um Streamingbetrug zu vermeiden und abzustrafen beobachten Streamingplattformen die Aktivitäten aller veröffentlichten Releases sehr genau hinsichtlich mehrerer Faktoren. Diese können sein:
- Anzahl der Streams eines Releases pro Woche
- Anzahl der User:innen, die den Release gestreamt haben
- Gesamtzahl der Streams / Gesamtzahl der User:innen, die den Track streamen
- Zahl der Tracks auf dem Release
- Anzahl kurzer Tracks auf dem Release (< 60 Sekunden)
- Anzahl kurzer Streams auf dem Release (< 60 Sekunden)
- Territoriale Aktivität
Fallen Unregelmäßigkeiten oder ungewöhnliche Aktivitäten auf und werden dabei gewisse Grenzwerte überschritten (z.B. eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Streams eines Releases durch eine niedrige Anzahl an User:innen), kann es passieren, dass der Release als „betrügerisch“ gekennzeichnet und von den Plattformen gelöscht wird, um Streamingbetrug zu vermeiden. Auch ganze Künstler:innenprofile können von einer solchen Maßnahme betroffen sein und gesperrt werden. Somit sind dann alle Releases eines/r Künstler:in gesperrt. Die Chancen auf Wiederzulassung sind gering.
Die GfK (die für die Chartplatzierungen zuständig ist) schreibt: „Es gab in der Vergangenheit bereits Hinweise auf solch eine Art von Manipulation. Sobald stichhaltige Beweise für eine (versuchte) Manipulation vorliegen, werden umgehend die entsprechenden Gremien informiert. Bestätigt sich der Verdacht, werden die jeweiligen Titel/Künstler:innen unverzüglich aus den Charts entfernt bzw. gar nicht erst zugelassen – wie in der Vergangenheit bereits in Einzelfällen geschehen.“
Finger weg von Drittanbietern
Während man früher, um Kaufzahlen zu manipulieren, noch palettenweise Tonträger hätte kaufen müssen, bieten verschiedene Unternehmen im Internet inzwischen die künstliche Beeinflussung von Streamingzahlen an. Es gibt immer mehr illegale Musikproduktionsdienste, die dir Streams bei Spotify und in kuratierten Spotify Playlisten garantieren. Wenn du dich für einen Musik-Promotion-Dienst interessierst, solltest du dich deshalb genau informieren, bevor du ihn beauftragst. Achte darauf was sie dir versprechen. Wenn sie den Künstler:innen Platzierungen in Playlisten, oder einer bestimmten Anzahl von Streams versprechen, kann es in der Regel nicht seriös sein. Natürlich fordern diese Musik-Promotion-Dienste als Gegenleistung eine Vergütung und wenden dabei sehr wahrscheinlich ohne das Wissen des/r Künstler:in illegale Praktiken an.
Doch: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe! Diese Dienste kann die ganze Arbeit eines/r Künstler:in gefährden und dazu führen, dass Streams oder Tantiemen vorenthalten werden. Im Schlimmsten Fall wird man komplett von der Streamingplattform entfernt. Darum solltest du als Künstler:in mehr als gewarnt sein, wenn deine Klicks sehr schnell nach oben gehen und aus Städten kommen, in denen du vorher gar nicht deine Zielgruppe vermutet hast. Falls das passiert, arbeitet das Unternehmen, mit dem du zusammenarbeitest, sehr wahrscheinlich nicht seriös, auch wenn sie dir das versprechen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Spotifys Agenda ist klar. Der Streamingriese setzt erhebliche technische Ressourcen und Forschungsmittel ein, um künstliche Streaming-Aktivitäten zu erkennen, zu entschärfen und zu entfernen, um Rechteinhaber:innen so fair wie möglich für ihre Arbeit bezahlen zu können. Drittanbieter mit dem Kauf von Streams zu beauftragen, ist genauso verboten und wird ebenso geahndet, als wenn du es selbst in die Hand nehmen solltest. Denn es bleibt auch hier, was es ist: Betrug!
Die Relevanz steigt
Nicht nur Streaming gewinnt an Tragweite, ebenfalls die Verfolgung von Streamingbetrug und involvierten Personen wird immer mehr zum Thema. Auch außerhalb von Streamingplattformen beschäftigen sich immer mehr Menschen und Unternehmen damit, wie man diese betrügerischen Strukturen aufdecken kann. Nermina Mumic, Gründerin vom Startup Legitary, sagt im Gespräch mit Trending Topics, dass sich Musiker:innen und ihre Manager:innen bisher darauf verlassen müssen, dass Streamingdienste wie Spotify, YouTube, Deezer oder Apple Music die richtigen Zahlen zur Berechnung der Auszahlungen liefern. Ihr Startup hat einen Algorithmus entwickelt, der Unregelmäßigkeiten und damit falsche Zahlen erkennt. Das Ziel? Mehr Transparenz für alle Beteiligten.
„Ich weiß von nix, ich habe doch nur all meine Freunde gebeten, meine Musik zu streamen“
Auch das soll vorkommen. Da gehen die Streams nicht ganz gerechtfertigt und ungeahnt durch die Decke und der/die Künstler:in will von nichts gewusst haben. Bei guten Begründungen lassen Streamingplattformen manchmal mit sich reden, in den meisten Fällen und vor allem wenn das „Ich wusste von nichts“-Argument gebracht wird, entlockt das den Stores aber nicht mal ein müdes Lächeln und die Tracks/Künstler:innen bleiben weiterhin gesperrt.
Wie kann ich meine Streamingzahlen legal und nachhaltig pimpen?
Du hast richtig Bock, deine Streamingzahlen in die Höhe zu treiben? Super! Ausschließlich Plays jenseits der 30 Sekunden bringen dir da allerdings nicht besonders viel, wenn sie nicht von echten Hörer:innen kommen. Streamingbetrug ist also keine Option. Illegale Streams gehen nicht auf Konzerte. Oder kaufen doch mal eine Platte.
Die Alternative ist eine echte Promoagentur. Die arbeiten mit authentischen Netzwerken, durchdachten Strategien und klaren Zielen. Sie bedienen vorher festgelegte demografische und ortsspezifische Gruppen. Nicht, dass nicht auch Oma Gertrude aus Buxtehude zu deinen Konzerten kommen sollte. Aber der erzählst du das einfach am Telefon. Wahrscheinlich passiert es nicht, dass sofort hunderttausende Plays auf sämtlichen Plattformen auf dich einstürmen – auf lange Sicht ist es aber die nachhaltigere (und vor allem legale!) Variante.
Auf dem “Spotify for Artists” YouTube Channel findest du zudem viele weitere Videos, die hilfreiche Infos für deinen Relase auf Spotify beinhalten. Und als letzter Tipp: Der Einstieg in einer der großen Spotify Playlisten kann deine Streams ebenfalls auf ganz legale und verdiente Weise in ungeahnte Höhen treiben. Wie das gehen kann erklären wir dir hier: So bringst du deine Musik ins Rampenlicht der Spotify Playlisten.