Zwischen Management und Kreativität: So hältst du die Balance als DIY Musiker:in
Darauf solltest du bei deiner Karriere-Planung achten
Du bist Musiker:in mit Leib und Seele und willst in diesem Business Fuß fassen, Geld verdienen und erfolgreich sein? Es ist die Zeit der DIY Musiker:innen. Was bedeutet das? Du gehörst zu einer Künstler:innen-Generation, die für ihre Musikproduktion wahrscheinlich nur noch einen Laptop, ein Mikrofon und ein Audiointerface benötigt. Dein Studio ist wahrscheinlich dein eigenes Wohnzimmer! Aus diesem Wohnzimmer heraus vertreibst du, mithilfe eines digitalen Vertriebes, wie zum Beispiel recordJet, deine Musik. Und zwar in eine Welt, die deine Musik einfach so hören kann.
Damit du so gut wie möglich einen Über- und Durchblick zwischen Musik machen, Release vorbereiten und Social Media Content erstellen behältst, gibt es von uns heute einen Leitfaden für dich, wie du in DIY Manier deine Karriere vorantreiben kannst. Angefangen mit der Orga, über das Achten auf deine psychischen Gesundheit, bis hin zu Vernetzungsmöglichkeiten. Klingt anstrengend? Ist es auch! Aber es hat auch etwas Gutes. Denn du hast es in der Hand, wie deine Musik klingen und in welchem Tempo sie veröffentlicht werden soll. Ready?
Die fetten Jahre sind vorbei
Vor 30 bis 40 Jahren, in den glorreichen, “fetten” Jahren der Popmusik, gab es kein DIY. Damals gab es für Musiker:innen auf dem Weg nach oben oftmals nur einen Weg: der Major Label Deal. Wenn das geschafft war, galt es ein Management und eine Booking-Agentur zu finden. Das im Anschluss gemietete (oft preisintensive) Tonstudio produzierte deine Demos. Nach dem Mixing und Mastering der Produzent:innen, bekam der Artist dann sein fertiges Musikprodukt, in Form einer Kassette, CD , Mini-Disk oder Vinyl in die Hand. Bei all diesen Prozessen war der/die Musiker:in nicht unbedingt involviert. Und Social Media gab es auch noch nicht. Darum konntest du dich als Künstler:in auf das Musikmachen und aufs anschließende Live-Geschäft konzentrieren. Lediglich für die Promo galt es, Interviews, Fotos und Videos zu produzieren. Das Geld für die Kampagne und Release kam nicht über Crowdfunding, Eigenkapital oder Akquirierung von Förderungen, dafür gab es einen Vorschuss, eine Art Kredit vom Label.
Klingt fast zu schön, um wahr zu sein, diese absolute Komfortzone als Musiker:in? Klar, große und größere Artists haben dieses Privileg aufgrund ihres monetären Erfolgs auch heute noch. Für kleinere Artists gelten diese Deals oft nicht. Aber das hat auch Vorteile: Denn was damals nur den Top Artists zugestanden hat, nämlich Musik zu machen, kann heute theoretisch wie praktisch jede/r. Die Technik und die Socials machen es möglich.
DIY in der Musik- Do it yourself
So heißt der Leitspruch vieler aufstrebender Musiker:innen. Denn deine eigentliche künstlerische Aktivität, deine Kernkompetenz als Musiker:in, dass reine Musik machen, singen, komponieren usw. hat eine riesige Ausdehnung in viele andere Aufgabenbereiche erfahren. Dazu gehören Fragen wie:
- Was macht ein physischer und was ein digitaler Vertrieb?
- Was ist der Unterschied zwischen Promo und Marketing?
- Was macht ein Verlag für mich?
- Wie kann ich meine Werke urheberrechtlich vertreten und schützen lassen?
- Was machen Verwertungsgesellschaften wie die GEMA für mich?
- Wie kann ich mit Live-Techniker:innen kommunizieren, damit ich auf der Bühne ein gutes Klangerlebnis habe?
- Wie finde ich den/die richtige/n Produzent:in und wie will ich die in Anspruch genommene Dienstleistung finanzieren?
- Wie kann ich Verträge sinnvoll abschließen?
- Und wie anständige Gagen aushandeln?
Puh! Ganz schön viel für „einfach nur Musik machen“. Selbstorganisierte Musiker:in zu sein ist vielschichtig. Denn du bist als Musiker:in die Schnittstelle zwischen Instanzen. Zwischen Live-Geschäft und Vertrieb, Produktion, Videografie, Artwork, Promo und vielem mehr. Du stellst die Verbindung dar und bist gleichzeitig der/die Übersetzer:in deiner eigenen Vorstellungen und Wünsche. Kurzum: Alles bist du. Die große Herausforderung bei DIY lautet deshalb für dich: Das alles miteinander zu verbinden, ohne verrückt zu werden und ganz wichtig, den Fokus nicht zu verlieren. Am besten untergliedern wir das in 3 Schritte.
Die großen Aufgaben eines DIY Artists
Um einen Song zu komponieren und ihn zu texten braucht man Inspiration in Form von Erlebnissen, Begegnungen, Reisen, etwas, was in dir Emotionen auslöst, um dir den kreativen Zugang zu verschaffen. Der Weg zum fertigen Song ist mal länger und mal kürzer: Dafür hast du Skizzen gemacht, Demos aufgenommen, Ideen gesammelt, geprobt und Arrangements geschrieben. Womöglich hast du auch schon ein Artwork gemacht, ein Musikvideo gedreht und im Studio schon dein Recording samt Produktion abgewickelt. Und dann kann es losgehen: Dein Track sit fertig!
Jetzt gilt es, deinen Song zu veröffentlichen. Nachdem die Songs von deinem Vertrieb auf den einschlägigen Portalen veröffentlicht worden sind, fängt der Spaß erst richtig an. Du brauchst ein EPK. Also: Bio, Fotos und einen Pressetext. Techrider müssen geschrieben werden und Förderungen bei der Stadt und Fördermittel bei diversen Institutionen beantragt werden. Die Social Media Plattformen müssen mit News versorgt werden und informieren, dass es neue Musik von dir gibt. Und natürlich muss auch alles, was Promo analog wie digital betrifft, am Start sein. Danach kommt noch das Livegeschäft dazu. Die Präsentation, also dein Live-Spiel, muss nämlich nicht nur durchdacht und ordentlich geprobt werden, es muss zuerst realisiert werden. Bevor du auf der Bühne stehen kannst, musst du Recherche für deine möglichen Live-Venues betreiben und dich unzählige Male bewerben. Du wirst sehr wahrscheinlich einen regen Mailverkehr haben und hoffentlich am Ende Verträge abschließen, bei denen auch etwas bei dir hängen bleibt.
Ein Artist, viele Jobs
Du bist viele, wenn du diese Art von Musiker:in bist. Die Liste der To Dos scheint kein ende zu nehmen und kleine Grenzen zu kennen. Du machst quasi mehrere Jobs gleichzeitig – aber welche eigentlich?
- Dein erster Job neben dem Musik machen ist Content Creation. Sie bildet das Herzstück in dieser Konstellation. Du denkst dir nicht nur den Song aus, sondern auch alle anderen Ideen rund um den Song. Artwork, Videoidee, Gewinnspiele usw. Dafür brauchst du Zeit, um mit deinen Melodien und Kreativität in Berührung zu kommen. Manche haben ein Ideenbuch, ein anderes für Artwork-Skizzen, Recording Gear, whatever.
- Dein zweiter Job? Performer:in. Dies bildet die gesamte Palette deiner Bühnenpersönlichkeit ab. Wenn du schon live performt hast, weißt du sicher, was damit gemeint ist. Du bist nicht nur Musiker:in, sondern auch Geschichtenerzähler:in und Moderator:in in einem. Denn du bist die Person, die den Dialog mit dem Publikum sucht. Ganz wichtig ist dabei auch, die Stimmung deines Publikums zu lesen und zu gestalten, was gerade dran ist. Dazu gehört auch unbedingt Mut zur Improvisation.
- Der dritte Job: Networking. Das fängt schon bei Aftershow-Gesprächen mit möglichen Partner:innen, Fans am Merch-Stand usw. an. Networking beinhaltet aber auch den gesamten Schriftverkehr. Booking, Label, Verlag, Beziehungspflege mit allen Partner:innen. Das Projekt am Leben zu erhalten. Es heißt immer wieder für dich: Kontakte knüpfen, pflegen und nutzen. Natürlich darf man auch die Socials nicht vernachlässigen. Das bedeutet: posten, Content kreieren, Nachrichten und Kommentare beantworten.
- Der vierte und letzte Job ist Manager:in. Hier geht es hauptsächlich um eins: Struktur! Was noch dazu gehört? Mails mit Partner:innen zu schreiben, egal ob im Alltagsgeschäft oder beim aktiven Booking. Telefonieren, Gagen auszuhandeln oder das Fahrgeld klären. Den Kalender mit Probe-Terminen, Live-Auftritten, Interviews und Meetings zu spicken, damit du und alle Involvierten wissen, was wann wo zu tun sein wird. Auch die Buchhaltung und der Online-Shop wollen auf den neuesten Stand gebracht werden. Förderanträge schreiben kann ebenso in den Management-Bereich fallen.
Welche Plattformen unterstützen deine selbständige Arbeit?
Zwei Namen: Patreon und Getnext. Denn darüber können für dich wichtige Budgets gefunden werden. Getnext ist im Übrigen das deutsche Äquivalent zu Patreon. Getnext sitzt in Deutschland und wird auch von hier aus verwaltet. Zahlungsausschüttungen finden, genau wie bei Patreon, einmal im Monat statt.
Beide Portale kannst du für deine exklusiven Releases nutzen. Besser gesagt, dafür sind sie gemacht. Es gibt dort die Pre-Releases Funktion. Das bedeutet, dass du dort mit deiner Community deinen neuen Song früher als auf allen anderen Plattformen wie Spotify und Co. teilen kannst. Das gibt deinen Unterstützer:innen, die dir verschiedene Summen zukommen lassen können, ein besonders gutes Gefühl.
Nach dem Release ist vor dem Release
Im Schnitt bringt ein/e Musiker:in alle sechs bis acht Wochen neue Musik raus. Um dem kreativen Prozessen einen Rahmen zu geben, wäre bei diesem Pensum die Erstellung eines Jahresplanes hilfreich. Dann kannst du im Voraus eintragen, wann du welchen deiner Songs veröffentlichen willst.
Dieses weit voraus Planen wird dir helfen, Deadlines einzuhalten und die EP von den Singles Promo-mäßig zu unterscheiden und demnach anzugehen. Es geht ja um weit mehr als nur darum, Singles zu veröffentlichen. Es muss z.B. im Vorfeld Werbung gemacht werden. Der Song muss aufgenommen, gemixt und gemastert werden. Das Artwork muss stehen, die Videos und die Tour müssen geplant werden. Es muss alles strukturiert werden. Ein Jahresplan wird dir dabei helfen.
Du bist nicht allein
All das ist eine ganze Menge Arbeit. Achte darauf, nicht auszubrennen und verkauf dich nicht unter Wert. Achte auf Pausen, auf Detox vom Handy und lass dich für deine Kunst bezahlen! Wenn du dich nicht über Wasser halten kannst, kannst du dieses Mammutprogramm auf Dauer nicht nur nebenbei bewältigen. Frag dich immer wieder: Was ist realistisch? Was kannst du alleine machen? Was musst du abgeben? Eine regelmäßige Einschätzung der Situation kann zum Erfolg beisteuern.